Die nicht versiegen wollenden Ost-West-Debatten erfahren momentan eine neue Aufmerksamkeit. Die Wiederkehr rechter Gewalt, pogromartige Hetzjagden, erneute Anschläge auf Asylbewerberheime in Ostdeutschland und Lehrer*innen, die öffentlich ihre Hilflosigkeit gegenüber einer wachsenden rechten Jugendkultur beklagen, rufen verdrängte Bilder der Baseballschlägerjahre im kollektiven Gedächtnis der Deutschen wieder wach. Die lange im Vorfeld prognostizierten Erfolge der AfD bei den diesjährigen Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen haben die Deutungskämpfe über die ostdeutsche Gesellschaft verschärft. Gegenwärtig streitet aber vor allem die Generation der Nachwendekinder für ein differenziertes Bild von Ostdeutschland. Um 1990 geboren, bearbeiten die Autor*innen die Geschichte der DDR und der Wiedervereinigung aus der Post-Wende-Perspektive. In ihren Milieustudien nehmen sie das Nachwirken der DDRSozialisation sowie der Transformationserfahrungen einer im Umbruch begriffenen Gesellschaft aus individueller bzw. innerfamiliärer Perspektive in den Blick und verdichten diese literarisch. Wir möchten darüber ins Gespräch kommen, inwiefern (Nach-)Wendeliteratur die Meistererzählungen der Wende und deutschen Einheit herausfordern und was diese darüber hinaus zur innerdeutschen Verständigung beitragen könnten.
Foto: Gaby Gerster
Paula Fürstenberg, geb. 1987, wuchs in Potsdam auf und studierte am Schweizerischen Literaturinstitut sowie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2011 lebt sie in Berlin. Sie ist Mitherausgeberin der Habitus-Bände und hat 2022 die Gesprächsreihe „Let’s talk about class“ co-kuratiert. Außerdem ist sie Teil des Autor*innenkollektivs „Literatur für das, was passiert“ und Vorstandsmitglied des Kunsthaus Strodehne e.V.. Für ihre Arbeit wurde Paula Fürstenberg mit zahlreichen Stipendien ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlicht: Weltalltage (KiWi 2024); Familie der geflügelten Tiger (KiWi 2016).
Clemens Meyer, geb. 1977 in Halle / Saale, lebt in Leipzig. Für sein Werk erhielt er zuletzt den Klopstock-Preis für neue Literatur 2020. Sein neuer Roman Die Projektoren steht auf der Shorlist für den Deutschen Buchpreis 2024 und ist für den Bayerischen Buchpreis 2024 nominiert. Zuletzt veröffentlicht: Die Projektoren (Fischer 2024); Die stillen Trabanten (Fischer 2017).
Moderation:
Benjamin Edelmann, studierte Erziehungswissenschaften und Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin, schrieb seine Bachelorarbeit zum Thema Annie Ernaux’ Familienschnappschüsse im erziehungswissenschaftlichen Blick; arbeitete als Tutor, studentischer Studienberater u. studentische Hilfskraft; studiert seit 2023 im Master Bildung und Erziehung an der Universität Tübingen.